Mehr als ein halbes Jahr ist schon vergangen, seit ich mit vier anderen Blogowskis vom Flughafen Dortmund eingeladen wurde ein Wochenende in London zu verbringen. Es war ein so wundervolles Wochenende. Viel zu kurz zwar, aber ich denke immer wieder gerne an diese wunderbaren Stunden zurück. Es ist also höchste Zeit euch noch einmal mit in diese Metropole voller Gegensätze mitzunehmen.
Als wir vorab den Ablaufplan der Bloggerreise erhielten wurden darin für den Samstag jede Menge Ziele abseits der üblichen Touripfade aufgezählt. Von keinem von ihnen hatte ich zu diesem Zeitpunkt etwas gehört oder gelesen. Macht aber nichts, denn der freundliche Herr Google konnte mir da kompetent weiterhelfen. Es waren so viele Ziele, dass ich schon bedenken hatte, wir würden das nicht alles in den geplanten 6 Stunden schaffen. Das hätte ich besonders schade gefunden, denn optional stand auf der Tourroute auch der Regent’s Canal. Nun kann man mich ja immer mit Geschichte ködern, hippe Vintage- und Flohmärkte oder Streetart sind zumindest beim Sightseeing eher weniger meins. Aber was immer geht ist Wasser. Ob Fluß, See, Meer – ganz egal. Dass unsere Tour schließlich, nach dem Entsteigen der Paddington Station, entlang des Regent’s Canals verlaufen würde, war für mich die größte Überraschung. Aber es versöhnte mich auch mit allem anderen ;o)
Regent’s Canal
Schmale Hausboote, niedrige Brücken, ein Hauch von Rost und der Fußweg entlang eines Kanals. Das sind meine ersten Eindrücke vom Regent’s Canal. Erwartet hatte ich das ehrlich gesagt nicht. Ein bisschen wollte ich mich ja auf dieser Reise auch überraschen lassen und so hatte ich im vorhinein nichts näheres zu den Kanälen in London recherchiert. Immerhin hatten wir ja auch einen Tourguide vor Ort. Doch ich bin absolut entzückt. Auf einem Hausboot zu leben ist mein Traum seit der Fernsehserie Highlander in den 1990ern. Da allerdings eher auf der Seine, als einem Kanal in London. Das tut meiner Begeisterung aber keinen Abbruch. Ich könnte alle paar Meter vor Verzückung seufzen oder wahlweise vor Begeisterung quietschen.
Der 14 km lange Regent’s Canal verbindet unter anderem die Themse mit dem Grand-Union-Canal. Von 1820 bis 1960 wurde er mit seinem Treidelpfad kommerziell für den Transport von Waren genutzt. Heute dient er als Naherholungsgebiet, was wir bei unserer Sightseeingtour sehr zu schätzen wissen ;o)
Grand-Union-Canal
Der 220 km lange Grand-Union-Canal ist die Hauptverkehrsader der englischen Binnenschifffahrt zwischen London und Birmingham. Seine heutige Ausdehnung verdankt er einem Zusammenschluß von mehreren kleineren Kanälen am 1. Januar 1929. Mit dem Aufkommen der Eisenbahn wurde der kommerzielle Transport über die Kanäle durch pferdegetreidelte Narrowboats nicht mehr wirtschaftlich. Und so stellten in den 1970er Jahren die letzten verbliebenen Fachtunternehmen schließlich ihren Betrieb auf dem Kanal ein.
Dass es heute keinen Frachtverkehr mehr gibt ist deutlich zu sehen. Die Narrowboats sind am Ufer vertäut. Sie wippen im Takt der Wellen unmerklich auf uns ab. Ihre Fenster sind durch Gardinen verhangen. Dass hier Menschen leben ist nicht nur durch die Erklärung unseres Tourguides ersichtlich. Bunte Anstriche, ausgesuchte Dekoobjekte und jede Menge Zier- und Nutzpflanzen finden sich an Deck. Ich kann euch gar nicht alles zeigen, was ich durch den Sucher meiner Kamera entdecke. Das würde den Rahmen dieses Postings sprengen und mir ist es schon reichlich schwer gefallen die Bildauswahl überhaupt einzuschränken. Euch wird euch nichts anderes über bleiben als den Londoner Kanälen selbst einen Besuch abzustatten ;o)
Little Venice
Meine Linse erfasst den Mast eines Segelboots. Das Segel ist eingeholt, denn auch dieses Boot ist vertäut. Angesichts der niedrigen Brücken über den Kanälen stellt sich mir die Frage wie es dort hingekommen sein mag. Dennoch wirkt es nicht fehlt am Platz zwischen seinen bunt bemalten Verwandten ohne Masten. Wir sind in „Little Venice“ angekommen. In einer Art großem dreieckigen Becken treffen hier der Regent’s Canal und der Grand-Union-Canal aufeinander. Zwei der hier vertäuten Narrowboats sind Besuchern statt Bewohnern vorbehalten. Sie beherbergen das Puppet Theatre Barge und das Waterside Café. Wer Zeit hat einen Kaffee oder Tee zu genießen, sollte hier unbedingt eine kleine Pause einplanen.
Unser Weg führt uns weiter den Kanal entlang. Zwar endet der zum Gehweg ausgebaute Treidelpfad hier, doch jenseits des Zauns neben dem wir gehen, erhaschen wir weitere Einblicke in das Leben auf einem Narrowboat. Neben echten Gänsen und Enten auf dem Wasser finden sich hier allerlei metallene, steinerne und tönerne Lebewesen. Das ein oder andere dürfte so auch in meinem Garten stehen. Besonders die bemooste Froschbank hat es mir angetan ;o)
Narrowboats
Hier ist die Uferbefestigung im Gegensatz zu den auch öffentlich zugänglichen Bereichen der Kanäle ganz eindeutig so etwas wie der Vorgarten der Bewohner der Narrowboats. Doch was bei uns die Fensterbank ist, sind für die hier Lebenden die Dächer der Kabinen oder eben die Uferbefestigung. Je weiter wir gehen, desto mehr Details fallen mir auf. Die Farben werden bunter, die Pflanzen zahlreicher. Menschen sehen wir um diese Uhrzeit wenig, die meisten Bewohner müssen arbeiten. Das Leben in London ist teuer. Und das bezieht sich vor allem auf die Mieten und Kaufpreise von Wohnraum. Interessanter Weise wohnt man am günstigsten auf einem Narrowboat auf dem Kanal. Mein Herz bekommt Sehnsucht und meine Gedanken sind wieder bei der Fernsehserie Highlander. Auf einem Hausboot in London zu wohnen erscheint mir noch reizvoller, als auf der Seine in Paris. Hach.
Die Narrowboats verdanken ihren Namen übrigens ihrer Form. Bis zu 22 m lang, aber höchstens nur 2,20 m breit, waren sie perfekt für den Frachtverkehr auf den schmalen Kanälen mit den ebenso schmalen Schleusen geeignet. Sie lagen nicht tief im Wasser und auf dem Treidelpfad von einem Pferd gezogen konnten mit einem solchen Boot bis zu 25t transportiert werden. In der Nachkriegszeit wurden die Narrowboats schließlich für Freizeitaktivitäten entdeckt und man konnte sie für Urlaubsfahrten mieten. Später wurden sogar alte Kanäle restauriert, damit an sie mit den Booten wieder nutzen kann. Die Anzahl der Narrowboats ist heute wesentlich höher, als die der jemals für den Frachtverkehr genutzten. Sie unterscheiden sich aber auch stark, sowohl optisch, als auch in ihrer Funktionsweise. Die heutigen Varianten haben Kabinen, die meist über die komplette Länge reichen und sind motorisiert. Ersteres war für den pferdegetreidelten Frachtverkehr unnötig und zweites war industriegeschichtlich noch nicht weit genug entwickelt bzw. hatte sich noch nicht durchgesetzt.
Heute dienen die Narrowboats, wie schon mehrfach erwähnt in London als günstiger Wohnraum, aber sie sind auch private Ferienwohnungen und bieten einen ähnlichen Komfort wie diese. Zu meinem Glück kann man die Narrowboats aber auch für seine Ferien mieten. Jetzt fehlt mir wohl nur noch ein Bootführerschein zu meinem zumindest temporären Hausbootglück ;o)
Habt es schön!
PS: Die liebe Kirsten von gelbkariert hat ebenfalls einen schönen Bericht über unser Wochenende geschrieben. Und Kathy von Hof-Love erzählt uns mehr zu den Gegensätzen von London.
Vielen Dank an den Flughafen Dortmund für die Einladung nach London und das tolle Wochenende!